Bädertourismus
Bei dem Begriff „Bädertourismus“ denkt man zunächst ganz unwillkürlich an die berühmten Seebäder an Deutschlands Nord- und Ostseeküste (mehr dazu unter „Strandgeschichten“). Doch Bädertourismus gab und gibt es natürlich auch im Binnenland: Thermalquellen oder Quellen mit besonderen Mineralvorkommen und besondere, heilende Erden („Moor“) sind in Deutschland seit jeher an vielen Stellen vorhanden.
Beginnend bereits im 18-ten Jahrhundert mit der „Sommerfrische“ privilegierter adliger und wohlhabender Bürger (die Hautvolee) waren es zu Ende des 19-ten Jahrhunderts durchaus auch die wohlhabenden Bürger der Mittelschicht, die ihre Gicht („Zipperlein“) oder ihr Rheuma („Reißen“) oder manch anderes Gebrechen durch einen Besuch in einem der deutschen Heilbäder zu bekämpfen suchten.
Berühmte Bäder-Orte
Gut bekannt sind die drei benachbarten böhmischen Bäder Karlsbad, Marienbad und Franzensbad, aber auch die niedersächsischen Moorbäder Nenndorf und Eilsen, sowie Homburg, Elster und viele andere mehr. Nicht unerwähnt bleiben soll Pfarrer Sebastian Kneipp mit seinen Heilwasserkuren. Als zunächst umstrittener „medizinischer Quereinsteiger“ hat er mit seinem Standardwerk „Meine Wasser-Kur“ den Grundstock für das Entstehen des Kurortes Bad Wörishofen und die nach ihm benannte, weltweit bekannte „Kneipp-Kur“ gelegt.
Klar, dass sich an diesen Kurorten neben dem eigentlichen Badebetrieb auch ein reges Kultur- und Amüsierleben mit Cafés, Konzert- und Lesesälen und zum Teil auch mit Kasinos entwickelte. Klar natürlich auch, dass Ansichtskarten an die Lieben daheim verschickt wurden.
Slideshow: Was gibt es nicht alles zu entdecken....
In vielen Szenen gibt es einen Blick hinter die Kulissen des Badebetriebs - und was für eine Gelegenheit (!) – ein höchst ausgeklügeltes Spiel mit der Nacktheit der Badenden.
Schauen Sie sich das zweite Bild der Slideshow an: In einem Bild verschwindet der nackte Körper komplett im Schwarz der anhaftenden Moormasse, im anderen Bild werden – zur Steigerung – sogar durch Wassergüsse oder Duschwasser Körperteile entblößt; das war zu seiner Zeit sicher ein Spiel im Grenzbereich des Erlaubten.
Interessant finde ich, dass die Darstellung der Nacktheit gleichermaßen Mann wie Frau, gleichermaßen Alt wie Jung betrifft: Es sind durchaus nicht nur die mit ihren Reizen lockenden weiblichen Schönen, die auf den Karten zu finden sind.
Im Gegensatz zu den manchmal doch recht freizügigen Darstellungen der Anwendungen in den Moorbädern ging es bei den Wasserkuren von Pfarrer Kneipp durchweg sehr sittsam und bekleidet zu. Außer den stets nackten Füßen ist kaum einmal ein unbekleideter Körperteil zu sehen. Achtung hingeschaut: Auf vielen dieser Karten gibt es im unteren Bildteil kleine Frösche zu entdecken, die von den Kurgästen beim Gang über die nassen Wiesen aufgeschreckt werden – ein nettes Detail. Eine kleine "Froschparade" habe ich in Bild 4 der Slideshow zusammengestellt.
Herzallerliebst finde ich die beiden Karten mit den stilisierten „Moorabdrücken“ von Füßen bzw. Nase/Mund/Kinn eines offensichtlich gerade erst dem Moor entstiegenen Badegastes – tolle Motividee! Ich wette, es gibt auch noch eine Karte mit einer „Moor-Hand“ oder „Moor-Ohr“ – Wer sie findet: Gerne melden!
Unter den Karten finden sich ein paar sehr schöne Beispiele, wie die Verlage, die die Karten hergestellt haben, durch wechselseitige Kombination verschiedener Teilmotive auf verschiedenen Druckplatten und unterschiedliche Farbwahl Karten mit eng verwandten – aber doch unterschiedlichen Motiven erzeugt haben. Die letzte Karte der Slideshow zeigt Beispiele: Die Karte mit der dem Bade entsteigenden Person gibt es als „Mann“ und als „Frau“.Die Karten der barfüßigen Wassertreter gibt es jeweils mit und ohne den vorausgehenden Pfarrer Kneipp.
Schauen Sie durch die Karten der Galerie und lassen Sie sich mitnehmen in das mondäne Badeleben in der Zeit vor über 120 Jahren!