„Schweine in Menschengestalt“
Auch wenn das Wort „Schwein“ bei der Anwendung auf den Menschen in der Regel stark abwertend gemeint ist: Die Liste der durchaus positiv gewerteten Ähnlichkeiten zwischen Mensch und Schwein ist lang und erstreckt sich auf vielfältige Eigenschaften. Beide sind wir intelligente, kommunikative und verspielte Wesen. Wir sind von vergleichbarer Körpergröße, essen gern (zu-)viel und nahezu alles - und beide zeigen wir einen Hang zu typischen „Zivilisationskrankheiten“ wie Stress und Übergewicht *1).
Das Thema „Tiere in Menschengestalt“ ist auf Ansichtskarten bereits zur Zeit der großen Blüte zum Ende des 19-ten / Anfang des 20-ten Jahrhunderts in großer Vielfalt bearbeitet worden.
Man findet leicht eine ganze Bandbreite von Tiermotiven wie zum Beispiel Frösche, Katzen, Maikäfer, Mäuse, Hunde, Esel, u.s.w.: Ohne große Mühe ließe sich ein ganzer „Zoo“ von Beispielkarten zusammenpuzzeln (Beispiele s. erste drei Karten der Slideshow). Weitere, besonders schöne Beispiele aus dem Reich der Frösche und Maikäfer habe ich in einem separaten Kapitel zusammengefasst: siehe Geschichte "Sum, sum, sum…..“
*1) Wer sich auf eine umfangreichere, sehr humorvolle Abhandlung dieses Themas einlassen möchte, sei auf das Büchlein „Schweine“ von Thomas Macho verwiesen (erschienen: 2015, ISBN: 978-3-95757-099-4).
Slideshow: Eine niedliche Schweinerei
Sind wir Menschen nichts weiter als „aufrecht-gehende“ Schweine?
Nach dem Gesagten kann es nicht verwundern, dass die Darstellung von Schweinen in Menschengestalt allein ein reichhaltiges Sammelfeld eröffnet. Ich selbst habe eine besondere Schwäche speziell für eine Reihe von Karten entwickelt, von denen viele unter dem Motto der zur Mitte des 19-ten Jahrhunderts geprägten Grußworte „Gut Heil“ (Turner), „Gut Holz“ (Kegler), „All Heil“ (Radfahrer) veröffentlicht wurden*2). Die meisten der von mir gezeigten Beispiele wurden vom Verlag Bruno Bürger und Ottillie, Leipzig publiziert. Etliche Karten sind signiert „Herm. Schüssler“ (s. Slideshow ab Karte 4).
..... und ja, das muss gesagt sein:
Betrachtet man diese Karten aus der Perspektive der geänderten Wertvorstellungen des 21-ten Jahrhunderts, dann ist ein gewisses Stirnrunzeln vorprogrammiert: Was ist noch wohlwollende, mitunter durchaus hintergründige Ausschmückung menschlicher Charaktere mit all seinen liebenswerten Macken? Was ist schon böswillige Typisierung menschlicher Schwächen? Was ist noch schmunzelnde Ausschmückung der Typologie von Mann und Frau? Was ist platter Sexismus? Was ist noch Kunst? Was ist schon Kitsch? Die Grenzen sind fließend und Beispiele für alle genannten Extreme lassen sich leicht benennen.
Ich habe mir meine Schrulle für diese spezielle Art von Karten lange verziehen: Ich verstehe sie als Produkte ihrer Zeit. Ich fühle das Wohlwollen und die Liebe zu den Menschen in all ihren Facetten, die aus der überwältigenden Mehrheit der Abbildungen sprechen. Mich fasziniert die Vielfältigkeit der Themen –und die ausdruckstarke Darstellung selbst so schwieriger Themen wie menschlicher „Gemütsverfassungen“. Beim Betrachten der Karten gönne ich mir ein Schmunzeln und sinniere: Vermutlich sind Schweine einfach die besseren Menschen!
*2) Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass unter den genannten Sportlergrüssen „Gut Heil“, „Gut Holz“ und vor allem „Gut Heil“ erheblich mehr Karten veröffentlicht wurden, als die hier vorgestellten „Schweine in Menschengestalt“. Einige solcher Karten sind in der Galerie zu finden. Noch ein Sammelgebiet...